„Das Gespräch ist eine Waffe“, sagt Mo Asumang.

Sicherlich die einzige, die sich für gute Zwecke einsetzen lässt.

Genau das tut die Filmregisseurin und Autorin, die in den späten 1990ern als erste afrodeutsche Moderatorin der Sendung „Liebe Sünde“ bekannt wurde, bis sie im Jahr 2004 ihre Produktionsfirma „MA Motion Filmproduktion“ gründete.

Ihr Regiedebüt feierte sie drei Jahre später mit „Roots Germania“, einem biographischen Essay in Filmformat.

Das im Jahr 2016 publizierte Buch „Mo und die Arier: Allein unter Rassisten und Neonazis“ sowie die zwei Jahre zuvor erschienene Dokumentation „Die Arier“ brachten ihr nationale Anerkennung.

Diesen Film zeigte Mo Asumang in einer Sonderveranstaltung für den Politik- und Wirtschaftsunterrichts der Oberstufen am 30. Januar an der Melanchthon-Schule Steinatal. Das Projekt, das auch eine Fragerunde der Schüler:innen an Mo Asumang beinhaltete, wurde mit Fördergeldern der Initiative „Gewalt geht nicht!“ des Schwalm-Eder-Kreises sowie von der Barbara-Schadeberg-Stiftung unterstützt.

Für ihr Buch und die Dokumentation versucht Mo Asumang, einen Dialog aufzubauen: Zwischen ihr, der Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers, und Menschen, die ihr allein auf Grund ihrer Abstammung ihre Daseinsberechtigung absprechen wollen – unter anderem Rechtsradikale, Mitglieder des Ku-Klux-Klans oder Neonazis.

Diese Personen vereint ein Hass gegen all diejenigen, die nicht ihren fremdenfeindlichen Idealen entsprechen. Doch statt sich von ihnen fernzuhalten, wie sie es von Freunden empfohlen bekommt, will Mo mit denen, die nur Hass, Verachtung und Schweigen für sie übrighaben, reden.

Trotz, oder vielleicht eher gerade weil, sie Opfer einer Morddrohung der rechtsextremen Band „White Aryan Rebels“ wurde, will sie herausfinden, was diesen immensen Hass in den Menschen hervorruft.

Dafür spricht sie in ihrem Dokumentarfilm aber nicht nur mit Neonazis oder Verschwörungstheoretikern, sondern etwa auch mit Esther Bejarano, einer Shoah-Überlebenden. Ihre Eltern wurden im Konzentrationslager ermordet, sie selbst musste Zwangsarbeit leisten. Sie könne nicht verstehen, warum Mo das Gespräch mit Rechtsextremen und Rassisten suchen wolle – das alles sei lediglich verschwendete Mühe.

Doch Mo gibt nicht auf und versucht immer wieder, herauszufinden, was diese hasserfüllten Menschen antreibt. Dafür fliegt sie sogar in die USA, um mit Mitgliedern des Ku-Klux-Klans zu reden.

Vor allem beschäftigt sie aber die Frage: Was ist ein Arier überhaupt?

Antworten finden sich viele, doch die Wahrheit liegt dort, wo sie wahrscheinlich kaum einer erwartet hätte: in Zentralasien.

Mo erfährt, dass der Arier-Begriff eigentlich nichts mit europäischen Menschen zutun hatte, sondern ein Hirtenvolk in Teilen Indiens und des Iran beschreibt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der ursprünglich sprachwissenschaftliche Begriff in die „Rassenkunde“ übernommen, bis dieser entfremdete Wahn schließlich in der Zeit des Nationalsozialismus gipfelte – und auch heute noch unter der Oberfläche demokratischer Staaten zu schwelen scheint.

 Mo Asumang will mit ihrem Film und ihren Vorträgen zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zeigen, was wirklich hinter dieser Fassade des Hasses und der Diskriminierung steckt: Unwissen und Angst.

Für ihre Dokumentation sei sie selbst „in 1000 Ängste eingetaucht“ und musste sich auch eingestehen, dass ihrem Handeln Grenzen gesetzt sind. Große Gruppierungen sollte man vielleicht besser der Justiz überlassen, doch wie steht es um Einzelpersonen?

Die häufigste Ursache für deren Radikalisierung sei, so Mo Asumang, ein fehlendes soziales Netzwerk, der nicht vorhandene Dialog mit Andersdenkenden sowie den Opfern des Hasses und Empathielosigkeit . Sie selbst habe Verständnis für negative Erfahrungen Einzelner, jedoch nicht für fehlende Empathie.

Auf die Frage, wie sie die Kraft für die Gespräche trotz unzähligen Erfahrungen der Ablehnung aufrechterhalten könne, erwidert Mo Asumang: „Die Dialogbereitschaft muss von hier kommen, da sie von der anderen Seite nicht kommt. Es ist vor allem wichtig, den anderen wahrzunehmen und ihm auch ein Gefühl der Wahrnehmung zu vermitteln.“

Häufig werde viel mehr übereinander statt miteinander geredet, was den Diskurs vereinseitigen würde.

Der Mehrwert ihrer Gespräche läge auch nicht primär darin, Erkenntnisse für sich selbst zu gewinnen. Vielmehr geht es Mo Asumang mit ihrem Projekt darum, eine Selbstreflexion bei ihren Gesprächspartner: innen hervorzurufen – das ist ihr in einigen Fällen auch bereits gelungen.

„Ich versuche, alle Menschen ernst zu nehmen und so zu sein, wie ich es mir von anderen wünsche“ – ein Handlungsansatz, der uns so viel weiterbringen kann, wenn ihn alle Menschen teilen würden.

(Text: Anna Maria Grothe, Foto: Anna Geisel)